Die Lawine, Gran Poz

Marmolada

„Was kann ich dafür, wenn die Menschen Kriege führen und entscheiden, sich in den Bergen zu bekämpfen? Ich habe doch nichts gegen sie. Ich folge den Bewegungen der Erde und des Himmels, reagiere auf die physikalischen Gesetze der Natur. So läuft das eben. Und wäre der Mensch weise, würde auch er sich diesen anpassen, so wie ich es tue. Das sage ich euch nicht um mich zu rechtfertigen. Es ist nur so, dass mich manch einer zuweilen als Mörder bezeichnet, wenn eine Tragödie passiert und dabei Menschen ums Leben kommen. Diesbezüglich halte ich leider einen recht traurigen Rekord: Vor genau 100 Jahren ereignete sich in meinem Talkessel das größte bekannte Lawinenunglück der Geschichte. Jeder wusste, dass der Gran Poz ein riskanter Ort war. Doch trotz des Einspruchs von Oberleutnant Handl, an der Führung der 90. Abteilung der Infanterie der österreich- ungarischen Armee, wurde das Barackenlager dort errichtet. In der Nacht vom 12. Zum 13. Dezember 1916 saßen die Männer in ihren Baracken, wie Tiere im Schutze ihrer Höhle, und warteten auf bessere Umstände. Es schneite nun schon seit sieben Tagen und über 300 Männer spürten die Bedrohung des mehr als tausend Meter großen, mit schwerem Schnee beladenen Gletschers, der jeden Moment nachlassen konnte. Obwohl sich die Wetterlage nicht gebessert hatte, verließ der Priester des Gletschers, Martin Matschik, spät abends noch das Barackenlager des Gran Poz um ins Tal zurückzukehren. Als er auf seinem Weg an eine kleine, vom Schnee fast zugedeckte Schutzhütte gelangte, beschloss er sein Nachtlager dort zu errichten. „Frühmorgens um 5.30 Uhr hörten wir einen dumpfen Knall, gefolgt von einer unheimlichen Stille.“ berichtete der Priester. Mein Tal, der Talkessel des Gran Poz, war von 150.000 Tonnen Schnee zugeschüttet worden. Die Nassschneelawine riss 365 Männer gewaltsam mit sich, 272 davon überlebten das Unglück nicht.“

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